Das hier ist noch so ein Blog. Über Essen. Von einem Vegetarier*. Der gern kocht. Mit ein paar Rezepten.
Braucht es das wirklich? Natürlich nicht. Alles schon mal da gewesen, vermutlich sogar besser. Aber ich mach das ja nicht für dich, mein potentieller Leser, sondern für mich. Denn aus mir nicht erfindlichen Gründen starren mich unterschiedliche Gruppen von Menschen öfter mal verständnislos an.
Und so ein Blog ist eine wunderbare Methode zwar irgendwie anonym, aber im Zweifelsfalle doch interaktiv seine Meinung auszukotzen, in den Äther zu speien, euch vor den Latz zu knallen.
Deswegen werde ich versuchen, in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Gedanken, die im weitesten Sinne mit Essen zu tun haben, hier auszubreiten. Es wird wohl eher mehr Text als Bild sein. Aber ich werde versuchen, ab und zu auch mal ein Foto einzubinden - aber ohne Instagram. Und Kommentare sind gern gesehen.
Doch zurück zum Thema. Was sind das für Leute, die mich für ach-so-seltsam halten? Nur so nebenbei, als Student ist man von eben solchen Leuten umgeben. Und besonders die aus meinem Schwedischkurs sind genauso wie ich :P
Gruppe 1 (der Normalo):
Wie? Du isst kein Fleisch? Was isst du denn da überhaupt? Da kann doch gar nix auf deinem Teller liegen. Und gesund kann das schon gar nicht sein.
Gruppe 2 (der sich dem Vegetarismus gegenüber aufgeschlossen glaubt):
Wie? Du isst Fleisch? Ich dachte, du wärst Vegetarier?
Gruppe 3 (der Konsumist**):
Wie schaffst du es nur, so wenig Geld für Essen auszugeben? Oder überhaupt so wenig Geld.
Das Folgende wollte ich den drei Gruppen schon lange mal sagen, hatte aber keine Lust auf die anschließende Diskussion oder das völlige Unverständnis meines Gegenübers. Oder ich mag die betreffende Person einfach.
Lieber Normalo, natürlich liegt da was auf meinem Teller!
Allerdings kann ich deine Bedenken verstehen. Wenn man aus der üblichen Fleischfresserküche kommt - die übliche deutsche Küche ist nun Mal extrem auf Fleisch ausgerichtet - und dann einfach nur das Fleisch weg lässt... ja dann rollen halt nur ein paar lasch gewürzte und obendrein zerkochte Erbschen zwischen den Kartoffeln rum. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass, wenn man Fleisch dabei hat, das Gemüse nur stiefmütterlich behandelt wird. Wenn man aber dem Gemüse die Aufmerksamkeit angedeihen lässt, die üblicherweise dem Fleisch zu Teil wird, dann wird das Ganze schon mal wesentlich besser. Und wenn man von dem üblichen Fleisch-Sättigungsbeilage-Gemüse-Schema noch weiter abrückt - das kommt mit der Zeit von ganz alleine -, dann wird es irgendwann sogar schwer, das Fleisch wieder einzubauen. Aus genau dem Grund sind die meisten meiner Topffüllungen nicht nur vegetarisch, sondern meist sogar vegan. Hat sich einfach nicht ergeben, da noch Milch, Sahne, Käse oder Ei reinzurühren.
An dieser Stelle höre ich den Einwand des Fleischjunkies: "Aber da kann man doch Hühnchen reinschnibbeln!" Sicher, könnte man. Aber will man das? Sollte man das wollen? Fängt man nämlich ein Mal an, sich mit der "Produktion" von Lebensmitteln zu befassen... dann ist das Vegetarier-Dasein schon fast die logische Konsequenz. Und gerade Hühner, weil sie so klein sind, können böse behandelt werden. Hat man mal die Bilder der vollautomatischen Schlachteanlagen gesehen, in der sie sich innerhalb weniger Minuten vom kränklich aussehenden, lebenden Tier zu einem appetitlichen, in praktischen 500g Schalen verpackten Billigprodukt verwandeln... Oder die Bobbahn, in der (meist, aber nicht immer) tote Schweine runterrutschen, dabei erst mechanisch und später mit Flammen entborstet werden... Von Eiern und der Tötung der unnützen männlichen Küken fange ich gar nicht erst an.
Ich möchte betonen, dass ich kein Tierschutzaktivist oder so bin. Ich habe nur mal per Zufall ein paar Dokus im Free TV gesehen. Damit fing es wohl an. Dazu kommen die gelegentlichen, in regelmäßigen Abständen auftretenden Umettikettierungsskandale, das Verabreichen von präventiven Antibiotika - die Bakterien freuen sich schon auf neue Resistenzen - und die Frage, ob es ethisch ist, das solche systematische Tierquälerei auch noch kollektiv von uns allen in großen Maßstab mitfinanziert wird und deswegen dieses Ekelprodukt wesentlich billiger ist als die gleiche Menge Sojaprodukt, die nicht nur in der Energiemenge, die zur Herstellung benötigt wird wesentlich besser abschneidet, wohingegen der Nährwert für den Körper im Großen und Ganzen der Gleiche ist... WAAAAH... Obwohl Soja natürlich wieder seine ganz eigenen ökologischen und ökonomischen Probleme mit sich führt. WAAAAAAAAAAAAAAAH...
Und deswegen, lieber Mensch, der meinen Zwiespalt nicht versteht, aber weiß, dass ich ohne Fleisch koche, mich deswegen als Vegetarier einstuft und dann, wenn ich mit Wonne in das Steak beiße, auf mich zeigt, um mich auf mein quasi-religiöses Sündigen hinzuweisen:
Ich bin kein Vegetarier aus Überzeugung. Meine Maximalüberzeugung ist, dass wir nicht jeden Tag Fleisch essen sollten. Ich finde es absolut natürlich, ab und zu die Zähne in ein totes Tier zu schlagen. Außerdem spart man sich den ganzen Aufwand mit den Ersatzstoffen, die Veganer brauchen. Und auf Milch im Kaffee möchte ich ungern verzichten. Pizza ohne Käse schmeckt auch nicht.
Ja, ich weiß, dass das sehr scheinheilig ist. Ich weiß, dass auch Milch und Käse nicht besonders gut für die Umwelt oder die Tiere sind - jedenfalls in der Art, wie es heutzutage und hierzulande produziert wird. Aber manchmal schaffe sogar ich es, diese Gedanken einfach wegzuschieben. Schaffen Millionen andere Menschen doch auch. Warum also nicht auch mal ich?! Und verdammt noch mal, wenn ich gelegentlich Lust auf einen völlig ungesunden, vermutlich komplett aus Konservierungsstoffen bestehenden Burger habe, der die McDonaldisierung der Welt voranbringt und später vermutlich den gleichen Effekt wie die Einbalsamierer ägyptischer Mumien auf mich haben wird.. Es schmeckt nun mal!
Aber eben nicht jeden Tag. Und würde es irgendwo Fleisch geben, von dem man mir glaubwürdig nachweisen könnte, dass die Tiere eine gute Haltung und eine vernünftige Schlachtung hatten... Ich würde verdammt viel Geld dafür ausgeben. Aber dafür ist meine Stadt dann ein kleines bisschen zu klein. Oder zu groß ;)
Um dem gelegentlichen Hypercraving - das endet nämlich in aller Regel bei McDoof und ich stelle jedes Mal wieder fest, dass es doch nicht schmeckt und nicht im Mindesten mit meiner Erinnerung überein stimmt - zurvorzukommen, habe ich mit meiner anderen Hälfte - nennen wir sie Herrn Cappitan - den Deal, dass wir ein Mal die Woche Fleisch essen. So ungefähr... meist eher seltener...
Dieser Deal hat den angenehmen Nebeneffekt, dass das recht günstig ist. Aber ehrlich gesagt, lieber Konsumist, wie schaffst du es, so viel mehr auszugeben für Lebensmittel?!
Sicher kann man mehr ausgeben, aber irgendwo ist doch Schluss. Auch die Preise von Markenprodukten haben nach oben ein Limit (von Gourmetkram abgesehen) und man kann ja auch nur eine begrenzte Menge essen...
Ich gebe ja zu, schon allein wenn man das Fleisch weglässt, dann wird es ein gutes Stück billiger. Außerdem kaufe ich äußerst selten Wasser oder Blubbelbrause oder Saft. Dafür trinke ich Tee. Hektoliterweise. Ich warte nur auf den Tag an dem die Meldung kommt: "Die Aromastoffe in Beuteltee haben sich als stark krebserregend herausgestellt und sind ab sofort sie verboten. Aber so schlimm ist das ja nicht. Es trinkt ja keiner zwei Liter Tee am Tag - jeden Tag." O_O Doch... ICH!
Also, lieber Normalo, lieber Verständnislose und lieber Konsumist, alles was zum Ausdruck bringen möchte ist, dass Essen unglaublich viel Spaß macht und machen sollte, dass ich gern und vor allem viel darüber nachdenke und zu dem Schluss komme, dass das auf meinem Teller irgendwie mit der ganzen weiten Welt da draußen verbunden ist. Das scheint aber nur wenigen bewusst zu sein. Oder sie wollen es nur nicht wissen, weil sie sonst genauso einen Gehirnmatsch bekommen wie ich.
Warum also dieser Blog? Weil der Gehirnmatsch raus will. Darum!
* Ich halte wenig von diesem fürchterlichen Gender-Mainstreaming mit Formulierung Leser_innen und sowas. Deswegen bleibe ich bei allen Formulierungen, bei denen das tatsächliche Geschlecht keine Rolle spielt, bei der grammatikalisch neutralen männlichen Form. Denn hier soll es um Essen gehen und nicht um Probleme mit, von oder für Machtstrukturen. Auch wenn angemerkt sei, dass ich finde, dass der Feminismus oft eine sehr gute Perspektive in die gesellschaftswissenschaftliche Arbeit einbringt - aber männerhassende Emanzen, die "Schwanz ab" brüllen, damit auch nix zu tun haben.
** Wortspiel beabsichtigt