Ich
hatte ja schon geschrieben, dass ich zum Teil gar nicht mehr weiß, wie ich
Fleisch ins Essen integrieren soll. Aber man kann das ja noch weiter treiben.
Schauen
wir ein Jahr zurück...
Bis
Februar habe ich meine Masterarbeit geschrieben. Der letzte Monat war
unglaublich anstrengend und da blieb wenig Zeit, aufs Essen zu achten. Deswegen
wurde das sehr ungesund, Lieferpizza und Burger standen auf der Tagesordnung.
Da ich bei Stress dazu neige, gar nichts zu essen, hielt ich Fastfood für die
bessere Lösung.
Nachdem
das Pamphlet fertig war, ließ sich das Ergebnis deutlich auf der Waage ablesen.
Aber schlimmer war der Ekel. Den hatte ich schon bevor ich zum Vegetarier (naja,
ihr wisst, was ich meine) wurde. Ich kann mich erinnern, schon vor Jahren in
der Mensa regelmäßig mindestens die Hälfte meines Fleisches an meine
fleischeshungrigen Maschinenbauerlis verteilt zu haben.
Also
jedenfalls war dieses Gefühl wieder da, schlimmer als je zuvor. Kein Wunder,
denn es wird schlimmer, wenn ich gestresst bin. Da kann sich der Ekel durchaus
auch mal auf Eier und manchmal sogar Milch ausweiten. Nachdem meine
Masterarbeit dann abgegeben und noch nicht bewertet war, war es richtig
schlimm. Also brauchte ich was Härteres als Vegetarismus. Ein geistiges Entgiften
sozusagen, für einen Monat. Das Krasseste, das ich kenne und noch für geistig
normale Menschen durchführbar halte, ist Straight Edge.
Straight Edge ist eigentlich eine gesamte Lebenseinstellung und kann viele Elemente
enthalten. Ein wichtiges Element ist auch die Hardcore Musik. Ich habe mich für
die Variante vegan+keine Drogen entschieden. Keine Drogen bedeutet dabei, dass
keinerlei bewusstseinsverändernden Stoffe konsumiert werden; kein Kaffee, kein
schwarzer oder grüner Tee, keine Cola usw. Und weil sowas allein schwieriger
ist als zu zweit, habe ich Herrn Cappitan überredet mitzumachen. Das rechne ich
ihm hoch an, denn vor einem Jahr hatte ich ihn gerade erst vor wenigen Monaten
aus seiner Abhängigkeit von Tiefkühlpizza befreit.
Wir
hatten uns entschieden, das im März durchzuziehen, weil da nichts Anstrengendes
anstand, das uns von unseren hehren Plänen hätte ablenken können. Wir haben uns
vorher Gedanken ohne Ende gemacht, weil wir das für eine unglaublich große
Sache hielten... Und dann waren wir sehr schnell ernüchtert, weil... öhm... ja,
weil so lebensverändernd war es doch nicht.
Aber
interessant war es. Wenngleich in eine ganz andere Richtung als erwartet:
Mein
Fazit ist, dass ich noch nie so gut gegessen habe. Und man sollte bloß nicht
versuchen, irgendetwas zu ersetzen. Dann wird es bäh.
Am
Anfang waren wir besonders mit dem Frühstück etwas überfragt:
Bei
mir war zwar schon lange keine Wurst mehr auf dem Tisch, dafür aber Milchprodukte
in unzähligen Variationen. Was kann man also sonst essen?
Bei
der Margarine wird es schon mal brenzlig, denn die billigste enthält in aller
Regel Molke. Aber für vier Cent mehr gibt es reine Sonnenblumenmargarine.
Dann
gibt es noch vegetarisches Schmalz. Das mochte ich schon lange vorher und ist
seit dem immer in meiner Küche zu finden.
Ganz
zu Anfang haben wir noch Gurkenscheiben und geraspelte Möhren auf der Stulle
verteilt. Das ist super lecker, wurde uns aber schnell zu aufwändig.
Brotis... die sind aus dem Mai, aber prächtig |
Den
Durchbruch beim Frühstück brachte dann ein Besuch im Bioladen und in der
Drogerie. Bioladen ist klar, da gibt es zum Beispiel Sojawurst. Die ist
erschreckend lecker. Aber leider auch erschreckend teuer**. Warum aber
Drogerie? Inzwischen gibt es dort eine ganze Menge Fresskram, oft auch in Bio (obwohl
mir das eher egal ist). Und besonders gibt es so kleine Töpfchen mit Pasteten.
Und die sind superlecker! Seit letztem März sind die nicht mehr wegzudenken aus
unserem Speiseplan.
Auch
beim Süßkram für die Stulle gibt es eine Menge leckere Sachen. Beispielsweise
haben wir dunkle Creme entdeckt. Das ist im Prinzip Nuss-Nougat-Creme, nur ohne
Milchpulver und mit Kakaobohnenstückchen. Seitdem auch immer vorrätig.
Beim
Kaffee wurde es etwas kniffeliger. Der Milchkaffee am Morgen ist bei mir
Pflicht. Zuerst haben wir versucht, den Kaffee durch Malzkaffee und die Milch
durch Sojamilch zu ersetzen. Ich mag Sojamilch durchaus, im Jogitee an kalten
Winterabenden beispielsweise. Oder im Latte Macchiato (Ich mochte das schon,
bevor es cool war *den Hipstern die Zunge rausstreck*). Aber die
Malzkaffee-Sojamilch-Plörre ist nicht zumutbar und einfach bäh. Man sollte
einfach nichts substituieren. Wenn man anstelle dessen ein Glas richtig tollen
Saft oder Sojadrink mit Geschmack trinkt, hat das die gleiche rituelle
Funktion. Es geht nämlich gar nicht um den Kaffee, sondern um das Ritual. Was
man nicht alles über sich lernt...
Beim
Mittagsessen gab es weniger Probleme – nur sehr viel Abwasch. Denn einfach mal essen
gehen geht nicht. Man kann sich da einfach nicht sicher sein, dass sich da
nicht doch ein bisschen Tierprodukt in die Pfanne verirrt.
Ein
Problem ergab sich bei Süßigkeiten. Das war überraschend, denn normalerweise
esse ich so gut wie keine. Nach dem Essen waren wir zwar jedes Mal voll, aber
die Befriedigung blieb so ein bisschen aus. Das ließ sich mit einem Löffel
dunkler Creme nach dem Essen beheben.
*sabber* |
Es
gibt übrigens auch sehr, sehr leckeres veganes Eis von Lupinesse. Probiert mal,
wenn ihr es seht.
Nach
zweieinhalb Wochen mussten wir das Experiment dann allerdings abbrechen. Ich
hatte schon am Ende der zweiten Woche bemerkt, dass meine Kondition beim Joggen
eher rückläufig war, obwohl es hätte vorwärts gehen sollen. Ein paar Tage
später haben meine Knochen angefangen weh zu tun, erst nur beim Joggen, später
auch so. Das wurde dann wieder besser als ich wieder Milch getrunken habe, hat
aber ein paar Monate gedauert, bis es komplett weg war. Ich denke, ich habe
nicht genug darauf geachtet, dass ich wirklich alle Vitamine und so kriege, die
so ein Körper braucht. Und das war das gute Gefühl, kein Tier zu essen einfach
nicht Wert :(
Deswegen
bin ich zu dem Schluss gekommen, zum undogmatischen Teilzeitvegetarier zu
werden. Das heißt also, dass ich auf Tier verzichte, wo es nur geht. Aber wenn
ich Lust drauf hab, dann esse ich es. Damit fahre ich seit dem sehr gut. Andererseits
war es ein tolles Gefühl, kein Tier zu sich zu nehmen... Ich denke, ich schlage
Herrn Cappitan mal vor, dass wir das diesen März wieder machen. Aber mit ein
paar Nahrungsergänzungmittelchen.
Alles
in Allem war das erschreckendste, dass man wesentlich mehr für Essen ausgibt.
Für uns beide zusammen waren es so 50 statt wie sonst um die 30 Euro pro Woche.
Aber das hebt sich auf, weil man nicht mal hier oder da was auswärts isst oder
nen Kaffee trinkt oder sich ein Bier gönnt.
*
Rezept kommt irgendwann mal, ich brauche ja noch was für spätere Posts ;P
**
Beim Marktkauf gibt es günstigere und die ist noch viel erschreckend leckerer.
***
Problem inzwischen gelöst, lasst euch überraschen ;)
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